Ernährung, der wichtigste Begleiter einer/s Sportlers/in
Die Ernährung gehört zum Sport dazu wie das Auf- und Abwärmen. Aus diesem Grund durfte ich dankenswerterweise mit Frau Karin Ratschiller aus Innsbruck ein Gespräch zum Thema Ernährung und Sport führen.
Karin Ratschiller ist Diätologin, Sportmentalcoach und Fitlehrwart in Innsbruck mit Praxis in Innsbruck. Ihr Leitsatz „Ich esse, was zu mir passt!“ ist auf jeden Menschen anwendbar. Man sollte seine Ernährung individuell auf sich abstimmen. Auch Sportler holen sich immer wieder Tipps und Ratschläge von Ernährungsberatern ein, um ein Optimum beim Sport herauszuholen.
Hallo Karin, vielen herzlichen Dank, dass du dir heute Zeit genommen hast für ein persönliches Gespräch.
Was sollte ein Sportler generell bei der Ernährung beachten?
Vorerst muss man abklären, welche Sportart betrieben wird. Handelt es sich um Krafttraining oder Ausdauertraining oder um eine kombinierte Sportart. Davon abhängig ist nämlich die Nährstoffrelation. Man kann „Sporternährung“ nicht verallgemeinern, da der Bedarf individuell angepasst werden muss. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, sich kompetentes Knowhow von Diätologen und Ernährungsmedizinern zu holen, die nach ausführlicher Anamnese gezielt beraten.
Gibt es Unterschiede, ob jemand Anfänger, Fortgeschritten oder Profisportler ist?
Bei einer guten Anamnese weiß man als Beraterin, wo der Sportler steht, und aufbauend auf dem Ist-Zustand wird die Ernährungsempfehlung zur Leistungsoptimierung ausgearbeitet. Somit ist jedes Ernährungscoaching individuelle und anders.
Was sollte ein Sportler vor, während und nach dem Wettkampf oder Training beachten?
Im Vorfeld sehr wichtig: Energiereserven gut auffüllen
Es nützt nichts, kurz vor dem Start noch schnell Traubenzucker oder Sportgels „einzuwerfen“. Damit hält der Sportler nur seinen Blutzucker aufrecht – das Gehirn glaubt dabei gut versorgt zu sein. Vor einem Wettlauf ist es wichtig, mindestens 24h vorher die Muskelglykogenreserven aufzufüllen – da bieten sich schnell wirksame Kohlenhydrate gut an (Haferflocken, Dinkelteigwaren, Polenta, Reis, Kartoffeln, Mischbrot). Der Kohlenhydratanteil in der Ernährung des Laufsportlers reicht bis zu 60%.
Als Beispiel für eine ausführliche Ernährung vor einem Lauf:
Frühstück: Haferflocken-Müsli mit Banane
Mittag: Gemüse-Reis mit Cashewkernen
Abend: Pasta mit Sugo oder Tunfischsauce als wertvolle Eiweiß-Ergänzung
Direkt vor dem Event, schließt der Sportler 1 ½ h vor dem Start die letzte „feste“ Nahrungszufuhr ab. Ein Getreidebrei, Haferporredge oder ein einfaches Rührei mit Mischbrot ist hier eine gute Wahl.
Bis zum Start heißt es dann schluckweise trinken, am besten isotone Flüssigkeit wie leicht verdünnten Johannisbeersaft mit etwas Maltodextrin. Achtung: Finger weg von säurereichen Getränke.
Während dem Lauf: alles was vom Laufveranstaltunger angeboten wird 😊. Es eignen sich unter anderem Bananen und Orangen, isotone Getränke. Wichtig für jeden Neuling: neben dem Sporttraining sollte auch das Essen & Trinken während eines Wettkampfes trainiert werden – Verschlucken, Seitenstechen, Bauchweh oder gar Durchfall passieren dann deutlich weniger!
Nach dem Lauf: ist es ganz wichtig – sofern der Appetit es zulässt, in der ersten Stunde nach Wettkampfende bereits einen Teil der verbrauchten Glykogenreserven wieder „nach zu tanken“, zum Beispiel mit gemischten Obststücken, leichten Biskuitkuchen etc.
Wenn man abgekühlt ist, dann sollte man mittelglykämische Lebensmittel in Verbindung mit Proteinen zu sich nehmen, zB Erdäpfel mit Liptaueraufstrich oder Nudeln mit Fetakäse …
Ganz wichtig: Um das Ereignis herum keine grobkörnigen Vollkornprodukte, das verdaut der Körper in dieser Zeit nur mühsam und schlecht. Die Folge sind Völlegefühl im Bauch und Blähungen.
Neue Erkenntnis zeigen, dass v.a. Weizengetreide aufgrund des hohen Anteils an Delta-Gluten bei Sportlern eine Unverträglichkeit hervorruft. Aus diesem Grund empfehle ich Sportlern eher auf Urgetreide wie Dinkel, usw. zurückzugreifen. Auch Hafermüsli, Porridge, Hirsebrei, Buchweizenbrei sind eine schmackhafte gute Alternative.
Während eines Laufes gibt es immer Wasser, Elektrolytgetränke, sogar Cola und Alkoholfreies Bier. Darf man darauf zurückgreifen?
Wenn ich kohlensäurehaltige Getränke vertrage, dann ist die Mikronährstoffmischung von alkoholfreiem Bier mit Limonade eine coole Elektrolytemischung. Das Gemisch hat ähnliche Osmolarität = isoton wie unser Blut. D.h. die Menge an Zucker und Mineralstoffsalzen ist ähnlich die unseres Blutes.
Wie schaut es mit einem Radler oder Bier danach aus?
Alkohol blockiert die Produktion der Wachstumshormone somit macht 1 Flasche Bier das vorgelagerte Training von 1,5 Stunden zunichte. Klartext, ich hätte mir das Training sparen können. Es spricht aber nichts gegen ein alkoholfreies Bier oder alkoholfreien Radler nach dem Sport.
Soll man bei extremer Belastung oder bei Wettkämpfen auf Nahrungsergänzung zurückgreifen?
Mittlerweile sagt man, dass eine Nahrungsergänzung nur der Leistungssportler benötigt, dessen Trainingspensum bis zu 9 Trainingseinheiten und mehr pro Woche ausmacht. Für Hobbysportler ist ausgewogener Ernährung vollkommen ausreichend.
Zum Thema Ernährung allgemein: man liest und hört immer noch das Thema Ernährungspyramide, ist dies aktuell oder hat sich da etwas geändert?
Sie ist immer noch aktuell, aber sie ist Auslegungssache. Als Basis gilt mittlerweile viel Flüssigkeit, Obst und Gemüse, und viel Pflanzenkost. Bei jeder Mahlzeit gehört eine große Portion Obst oder Gemüse dazu. Als Faustregel könnte man sagen: auf jeden Teller mindestens eine Handvoll Obst oder Gemüse dazu packen.
Reis, Polenta, etc. zählen generell zur gesunden Ernährung als Sättigungsbeilage. In Maßen genossen dienen Milchprodukte, Fleisch, Milch, Fisch, Ei, als Protein-Ergänzung. Menschen mit niedriger Körperzellmasse – sprich Muskulatur – sollten besonders auf ausreichende Eiweisszufuhr achten. Sportler mit guter Muskulatur benötigen dafür mehr Kohlenhydrate.
Fett ist nicht gleich Fett: hochwertige Fettquellen sind für Sportler extrem wichtig für Regeneration, vorbeugen von Entzündungen, gute Nervenreizleitung uvam. Fette vom Fisch, Walnuss, oder Avocado sind hochwertige Omega 3-Quellen, welche man täglich konsumieren soll.
Wer jede zweite Fleisch- oder Wurstmahlzeit gegen eine Fischmahlzeit austauscht, der hätte einen enormen Mehrwert in seiner Ernährung erreicht. Vor allem für Sportler sind Omega 3 Fettsäuren ganz wichtig.
Wenn der Tank voll ist, kann ich super Gas geben, wenn ich untertags gut esse, benötige ich am Abend weniger dafür bewusstere Nährstoffauswahl: mehr Gemüse und Eiweiß, etwas weniger Kohlenhydrate.
Diäten sind immer so schwer, weil man im Kopf hat, man muss auf etwas verzichten? Muss man das wirklich?
Im Prinzip soll ich ja MEHR essen, allerdings von Gemüse, Fisch, Obst, Nüssen. Ich muss lediglich die zuckerhaltigen und fetthaltigen Produkte reduzieren. Das geht fast automatisch, wenn ich z.B. eine große Handvoll Gemüse oder Salat auf den Teller gebe. Es gilt auch die Faustregel bei der Anzahl der Mahlzeiten: Weniger ist mehr, lieber esse ich 3x am Tag vernünftig, wähle dabei 3 Hauptmahlzeiten im 4-5 Stundentakt über den Tag verteilt und verzichte auf Snacks und Zwischenmahlzeiten. Das hilft ganz enorm auch beim Abnehmen.
Aktuell hört man viel von glutenfrei, vegan und vegetarisch, ist das nur ein Trend oder wirklich was Wahres dran? Wie schaut das bei Sportlern aus?
Ein Funke Wahrheit ist sicher dran, was das Gluten betrifft: Der Darm ist durch unseren Lebensstil nicht mehr ganz so stabil, und die Darmflora, wenn diese nicht mit der notwendigen Bakterienvielfalt ausgestattet ist, dann ist die Toleranz für Gluten verrringert. Das ruft dann diverse Darmprobleme wie Blähungen, Völlegefühl, Histaminintoleranz etc. hervor.
Wenn man eine Glutenunverträglichkeit vermutet, rentiert sich eine 3-Stufen-Therapie:
a) Stress reduzieren – auch Wettkampfsituationen sind Stress
b) Darmflora stabilisieren
c) die glutenhaltigen Mahlzeiten auf 1x täglich reduzieren.
Ovo-lacto Vegetarier, die Milchprodukte, Käse und Ei konsumieren, sind meist ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt. Da sehe ich als Ernährungsexpertin absolut keine Gefahr eines Versorgungsmangels. Veganer sollten immer schauen, dass sie ausreichende Eiweiß, B12 und Eisen essen – auch dann ist die Entscheidung gegen tierische Lebensmittel für Erwachsene kein Problem.
Vielen Dank für das ausführliche und sehr kompetente Gespräch.
Wie man sieht, ist es nicht so schwer, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Es kommt natürlich immer auf sich selbst drauf an, sich bei der Nase zu nehmen, wenn man etwas verändern möchte. Wenn man Gewicht reduzieren will, ist es natürlich unverzichtbar, sich ausgewogen und gesund zu ernähren in Kombination mit ausreichend Sport.
Der Körper und auch der Geist wird es dir danken.
Kontaktdaten:
Karin Ratschiller
Diätologin, Gesundheitsmoderatorin und Fitlehrwart
Praxis ImZentrum
Meinhardstraße 9, 3. Stock 6020 Innsbruck
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